Auf dem Areal einer ehemaligen Sprengstofffabrik in Lausen entstand das Vorzeige-Wohnquartier Weidmatt. Die Nachfrage nach modernem, ökologischem Wohnraum ist gross.
Text und Bilder: Claude Bühler
Die Aussichten waren alles andere als optimal für das Bauunternehmen Losinger Marazzi. Auf dem Areal der ehemaligen Sprengstofffabrik Cheddite in Lausen sollte ein neues Wohnquartier entstehen. Die Böden waren belastet, der Flecken fern von den Ortszentren Lausen und Liestal, vom ÖV nicht erschlossen und zudem brausen auf der Autobahn A22 in direkter Nachbarschaft 30 000 Autos täglich vorbei. Wie sollte man für ein solches Projekt potenzielle Investoren anlocken?
Das war die Lage im Jahr 2015. Acht Jahre später stehen sechs Mehrfamilienhäuser am Ort – und von den 120 Wohnungen ist aktuell gerade mal eine einzige frei. Was sofort ins Auge sticht: Die zwei- und dreigeschossigen Gebäude wurden vom Architekturbüro Diener & Diener in den unterschiedlichen Hölzern Linde, Birke, Ahorn, Buche, Esche und Lärche gestaltet. Sie umschliessen eine Raseninsel mit Tischen, Sitzen und Holzgeräten für die Kinder.
Die PV-Anlagen auf den Dächern der Siedlung Weidmatt decken rund 40 Prozent des Stromverbrauchs.
Von der Industriebrache hat sich das Weidmatt zum hippen, nachhaltigen Öko-Quartier entwickelt. Zur Erstvermietung vor drei Jahren galt es als Vorzeigeprojekt mit Pioniercharakter und hat sich inzwischen zum Standard moderner Wohnkonzepte gemausert. Leben wir in Zukunft alle so? Die energetische Optimierung des Gebäudeparks und wie wir künftig leben sind in beiden Basel schliesslich ein grosses Thema.
Photovoltaik, Fernwärme und eine Mieter-App
Was man nämlich nicht sofort sieht, ist das ausgeklügelte Energiekonzept. 40 Prozent des Strombedarfs werden mit den Photovoltaikanlagen gedeckt, die auf drei der sechs Hausdächer montiert sind. Aber: 60 Prozent des Weidmatt-Photovoltaikstroms werden direkt in der Weidmatt genutzt und 40 Prozent davon fliessen in das öffentliche Netz. Batterien stützen den Energiehaushalt und optimieren die Eigenverbrauchsquote.
Auf einer Quartier-App können die Mieterinnen und Mieter ihren ehemaligen und aktuellen Energieverbrauch abrufen. Geheizt wird mit Fernwärme aus dem Wärmeverbund Ergolztal.
Die Mieterinnen und Mieter schätzen an den Wohnungen auch die grosszügigen Balkone – denn sie vergrössern den Wohnraum deutlich.
Massgeblich beteiligt an der ausgetüftelten Technik ist Primeo Energie. Der Baselbieter Stromversorger hat das Energie- und Heizungskonzept für die Weidmatt erstellt und er unterhält es auch. Mittlerweile gäbe es einige Areale, die ähnlich wie die Weidmatt aufgebaut und betrieben werden. Der Sprecher von Primeo Energie Jo Krebs weiss von allein 50 vergleichbaren Wohn- und Industrieprojekten in der Region Basel, die seither gestartet oder realisiert wurden.
Der Erfolg zeigt sich auch im Preis. «Der Sonnenstrom, den wir in der Weidmatt produzieren, ist günstiger als der Netzstrom», sagt Jo Krebs. Das Energie- und Stromkonzept hat für das gesamte Quartier rund 800 000 Franken gekostet: eine überschaubare Kostenbilanz bei sechs Mehrfamilienhäusern.
Gratis für die Quartierbewohner: ein Elektroauto
Es war wohl die eher ungünstige Lage, welche die Planer zu einem grosszügigen Angebot auch im Bereich Mobilität veranlasst hat. Der Leitgedanke auch hier: Nachhaltigkeit. Für das Quartier stellt der Vermieter Apleona acht Elektro-Bikes, zwei Cargo-Bikes und ein Elektroauto gratis zur Verfügung. Dazu können auch Veloausrüstungen ausgeliehen werden.
Mehrere Parkplätze sind mit Ladestationen ausgestattet – ein Angebot, das je nach Bedarf laufend ausgebaut werden soll. Handkehrum geht der Vermieter auch davon aus, dass die Mieterschaft sich positiv zu ökologischer Mobilität stellt.
Konkret: Pro Mieterschaft steht nur «ein» Parkplatz zur Verfügung. Wer mehr Mobilität braucht, soll beispielsweise auf die Buslinie 78 umsteigen, die mittlerweile – zumeist im Halbstundentakt – vom Quartier zum Bahnhof Lausen und retour befahren wird.
Wohnungen: grosszügig und erschwinglich
Die Häuser sind in Minergie-Eco-Standard erstellt – ein Anforderungskatalog, der nachhaltige Bauweise, optimale Nutzung von Tageslicht, starkem Schallschutz, kontrollierter Frischluftzufuhr und anderes mehr vorsieht. Die Technik ist aber weitgehend unsichtbar. Es dominiert Holz, auch an Böden und Decken. Ein teurer Luxus – wird man sich vielleicht denken. Dem ist aber nicht so. Die Wohnungen sind grosszügig angelegt, bei erschwinglichen Mietpreisen: Die 2,5-Zimmer-Wohnung zu 60 Quadratmetern kostet gut 1300 Franken, die 4,5-Zimmer-Wohnung zu 110 Quadratmetern etwa 2000 Franken.
Ein Teil der Energie- und Mobilitätsinnovationen wurden von Primeo Energie eingebracht. In den Jahren 2016/2017 sammelte Losinger Marazzi Ideen, um das Quartier möglichst nach den Prinzipien Nachhaltigkeit, Ökologie und sozialem Zusammenhalt aufzuwerten. «Wir konnten einfach Ideen auf den Tisch werfen», erinnert sich Jo Krebs: «Rund 80 Prozent davon wurden am Ende realisiert.» Das Konzept, das die örtlichen Herausforderungen mit zukunftsgerichteter Strategie bei moderaten Mietpreisen bewältigen soll, hat Investoren überzeugt: Drei Pensionskassen und eine Versicherung sind für die Finanzierung eingestiegen.
Schafe mähen den Rasen
Bleibt die Frage: Wohnen in dieser Siedlung nur ultra-umweltbewusste, zukunftsgewandte «Öko-Fundis»? Nein. Das Angebot zieht offenbar auch Mieterinnen und Mieter an, für die ein nachhaltiges Energiekonzept «eher ein schöner Nebeneffekt» darstellt: So drückt sich der 27-jährige Mieter Dominic Mühlemann aus, der seit Dezember 2022 in der Weidmatt wohnt. Der Wechsel habe sich «absolut» gelohnt. Gesucht und gefunden habe er eine bezahlbare, moderne Wohnung in einem ruhigen Quartier. «Unsere Terrasse umfasst 23 Quadratmeter, die Wohnung deren 95 – das ist schon sehr grosszügig.»
Mit einem gewissen Stolz zeigt Dominic Mühlemann die in Häuschen untergebrachten Veloparkings. Dass die Rasenfläche bis zur Ergolz von Schafen abgemäht wird, findet er sympathisch. Seine drei Katzen – Tiere sind in der Weidmatt erlaubt – fühlen sich sehr wohl. «Wir bekommen hier wirklich sehr viel – auch wenn wir längst nicht alles nutzen, so zum Beispiel die Paket-Box», sagt Dominic Mühlemann. Mit dieser können die Bewohnerinnen und Bewohner ausserhalb ihrer Anwesenheit Pakete empfangen und versenden – ein weiteres Goodie, und die Weidmatt versteht sich dabei nicht als Luxusquartier.
Die Weidmatt hat ein ausgeklügeltes Mobilitätskonzept: ein sehr grosses Veloparking und ein Elektroauto zur Nutzung der Bewohnerinnen und Bewohner.
Zauberwort: bidirektionales Laden
Mittlerweile setzen sich diese neuen Technologiestandards auch bei privaten Einfamilienhäusern durch. Aber ist die Weidmatt diesbezüglich immer noch überall an vorderster Front? Nicht mehr ganz.
«Die Technologie schreitet in Riesenschritten voran», lacht Jo Krebs und erzählt: «Ein Beispiel ist die Batterietechnologie: Bereits gibt es Energiespeicher auf vier Rädern, womit der gespeicherte Strom bei Bedarf wieder in das Hausstromnetz eingespeist werden kann. Das Zauberwort heisst bidirektionales Laden.»
Sie wünschen sich für Ihr Wohnareal eine wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung? Dann setzen Sie auf Photovoltaik in Verbindung mit einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Dieses Geschäftsmodell bietet sowohl Eigentümern als auch Mietern zahlreiche lukrative Vorteile.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Prime News