Riesige freistehende Solaranlagen, auf vier Meter hohen Stelzen mitten im Hochgebirge – mit solchen Anlagen möchten die eidgenössischen Räte eine mögliche Stromlücke im Spätwinter füllen. Die Projekte sind ebenso gigantisch wie faszinierend.
Text: Andreas Schwander
Es ist die Physik – und die Landschaft der Schweiz, die das Konzept der alpinen PV-Anlagen vorgeben. Physikalisch betrachtet leiten alle leitenden Elemente den Strom besser, je tiefer die Temperaturen sind. Und je mehr Licht auf ein Solarmodul trifft, desto mehr Strom produziert es. Im Hochgebirge ist es grundsätzlich kalt. Je höher oben, desto weniger befindet sich ein Grundstück im Schatten anderer Berge und in grosser Höhe liegt im Winter praktisch immer Schnee, der das Sonnenlicht reflektiert – drei Faktoren, die gegenseitig die Energieausbeute von Photovoltaikanlagen (PVA) steigern. Zudem sind vertikal stehende, sogenannte bifaziale Panels vorgesehen, die dank der Schneereflexion auch auf der Rückseite Strom produzieren.
Alpiner Strom auch für Primeo Energie-Kund:innen
Auch Primeo Energie ist mittlerweile an alpinen Solaranlagen beteiligt, und zwar über die Beteiligungsforma aventron. Diese baut gemeinsam mit ihren Partnern energia alpina und energieURI in Sedrun (GR) und in Spiringen (UR) zwei Anlagen. Der Grossteils des dort produzierten Stroms wird an die Kundinnen und Kunden von Primeo Energie und den anderen aventron-Aktionären Energie Wasser Bern und Stadtwerk Winterthur fliessen.
Ein wichtiges Thema bei alpinen Solaranlagen: Die Standortfindung. Sowohl in Sedrun als auch in Spiringen wurden gute Stellen gefunden, die bereits wirtschaftlich genutzt werden. Somit ist der Eingriff in die Natur durch die Solarpaneele minim.
Grundsätzlich wird bei der Suche nach einem geeigneten Standort meist wird nach dem Ausschlussprinzip vorgegangen: Keine Gebiete mit Naturgefahren wie Steinschlag oder Lawinen, keine Erosionsgebiete, keine Schutzgebiete, keine Gewässer oder Feuchtgebiete, möglichst erschlossene und vorbelastete Perimeter. Mit all diesen Einschränkungen landet man praktisch immer in den Skigebieten. Dort gibt es Erschliessungen, Stromanschlüsse, Strassen und bereits erfolgte Eingriffe in die Landschaft für Bahnen, Pisten und Beschneiungsanlagen.
Viel Strom im Spätwinter
Trotz der grossen Dimensionen sind alpine PV-Anlagen ein ökologisch schonender Weg für mehr Winterstrom. Per Gesetz müssen die Anlagen rückbaubar sein. Zudem ist eine Doppelnutzung mit Alp- und Energiewirtschaft weiterhin möglich. Alpine PV-Anlagen haben ausserdem den Vorteil, dass sie den Strom exakt dann produzieren, wenn er am dringendsten gebraucht wird und die Gefahr einer Stromknappheit am grössten ist: im Spätwinter zwischen Mitte Februar und Mitte April. Das ist die Zeit, wenn sich die Stauseen immer mehr leeren und es oft noch sehr kalt sein kann und deshalb der Stromverbrauch steigt. Gleichzeitig werden dann die Tage schon wieder länger, die Tag-und-Nacht-Gleiche ist nahe und die Alpen sind tief verschneit. Dadurch ergibt sich eine sehr hohe Produktion, die sich kontinuierlich steigert, bis sie mit der Schneeschmelze wieder sinkt. Doch dann ist das Problem der Stromknappheit gelöst, weil der schmelzende Schnee die Wasserkraft wieder auf voller Leistung laufen lässt.