Batterien werden auch im Verteilgebiet von Primeo Energie immer wichtiger. Nathalie Casas, Departementsleiterin «Energie, Mobilität und Umwelt» an der Empa erzählt im Gespräch über Natriumbatterien, Recycling und den industriellen Rückstand Europas.

Interview: Andreas Schwander

Frau Casas, an der Empa beschäftigen Sie sich intensiv mit Batterien. Was steht bei Ihrer Arbeit im Zentrum?

Unsere Forschungsabteilungen erforschen Batterien in all ihren Facetten – von der Entwicklung neuer Materialien etwa zur Verbesserung der Lebensdauer oder Energiedichte bis zur nachhaltigen Entsorgung. Wir entwickeln sichere, leistungsfähige und zugleich umweltschonende Batterietypen. Dabei haben sich auch immer wieder neue Fragestellungen ergeben.

Inwiefern ist das nun anders?

Die entscheidende Frage ist heute immer mehr: «Wofür brauche ich die Batterie eigentlich?»

Hat man sich das nicht schon früher gefragt?

Viel weniger. Früher ging es darum, möglichst leistungsfähige Batterien mit grosser Energiedichte zu bauen. Heute spielt der Anwendungszweck eine viel wichtigere Rolle. Ein Elektroauto, mit dem ich täglich 30 Kilometer zur Arbeit fahre, braucht keine Reichweite von 500 Kilometern. Da würde meist eine Natrium-Ionen-Batterie genügen, die nachhaltiger, günstiger und nur leicht weniger leistungsfähig ist als die derzeitigen Lithium-Ionen-Batterie.

Nathalie Casas leitet das Departement «Energie, Mobilität und Umwelt» an der Empa in Dübendorf. Dort befasst sie sich unter anderem mit Batterieforschung und zeigt die Entwicklung der nächsten Jahre auf.

Wie funktionieren diese Natriumbatterien?

Im Prinzip funktionieren alle Batterien gleich: Sie bestehen aus einer Anode, einer Kathode und einem Elektrolyten. Das sind immer Kombinationen von zwei Elementen und einer leitenden Flüssigkeit. Seit mehr als 100 Jahren ist das Blei oder Zink, mittlerweile oft Nickel oder Lithium – und nun versucht man auch mit anderen Elementen zu arbeiten.

Im Fall der Natriumbatterie mit Salz?

Ja genau, mit Kochsalz. Das ist weit verbreitet, günstig und ökologisch unbedenklich. Diese Batterien sind daher nicht nur günstiger, sondern auch weniger kritisch in der Rohstoffbeschaffung.

Sind denn alle Batterien gleich aufgebaut?

Es gibt unterschiedliche Bauformen. Aber die meisten bestehen aus Folien von Kupfer, unterschiedlichen Metallen und Kunststoffen. Die werden entweder aufeinandergelegt wie ein Bündel alte Zeitungen oder eine Crèmeschnitte. Oder man macht viel längere Folien, und rollt sie dann auf wie eine Roulade. Schliesslich wird alles in eine dauerhafte Kunststoffhülle verpackt.

Welche neuen Entwicklungen verfolgen Sie aktuell?

Wir arbeiten beispielsweise an biologisch abbaubaren Batterien – etwa für Sensoren in der Natur. Wir können Batterien aus Pilzen machen. Noch liefern sie nur wenig Strom, aber für kleine Geräte, die etwas messen, signalisieren oder senden, reicht das oft aus.

Und wie steht es um das Recycling?

Wir forschen am gesamten Lebenszyklus der Batterien – von der Rohstoffgewinnung über die Nutzung bis zum Recycling. Ein Beispiel ist das Innosuisse-Projekt «CircuBat», an dem wir beteiligt sind. Bisher werden Batterien zu einem Pulver geschreddert. Dann werden einige der Rohstoffe mittels aufwendiger Verfahrens wieder herausgelöst, der Rest wird entsorgt. Statt sie zu schreddern, versuchen wir nun, die Batterien Schicht für Schicht auseinanderzunehmen. Das erlaubt eine viel präzisere und vor allem sortenreine Rückgewinnung der Rohmaterialien. Einer unserer Partner, die Firma Kyburz, welche die Post mit elektrischen Dreirädern beliefert, testet dies schon im grösseren Massstab.

Die Empa arbeitet auch an neuen Lösungen zum Recycling von Batterien.

Gibt es auch andere Lösungen?

Ja, einige Start-ups setzen auf sogenanntes Downcycling. Damit werden Batterien mit nachlassender Leistung für andere, weniger anspruchsvolle Anwendungen umgenutzt. Das ist in einem ersten Schritt nachhaltiger als Recycling, bei dem man das Gerät zerstört und nur die Materialien zurückgewinnt.

Wie sieht das konkret aus?

Man nimmt die gebrauchten Batterien auseinander, testet jede einzelne Zelle und baut daraus stationäre Speicher, etwa für Gebäude. Das funktioniert lokal bereits – etwa bei dem Walliser Unternehmen Evolium, das unter anderem mit dem Sportartikelkonzern Decathlon zusammenarbeitet, welcher alte Batterien von E-Bikes liefert. Die daraus aufgebauten Hausbatterien werden dann im Abo abgegeben.

Wo steht die europäische Batterie-Industrie?

In Europa läuft es leider nicht gut. Werke wurden geschlossen, weil man preislich nicht mithalten konnte. China ist uns weit voraus – sie produzieren effizient, standardisiert, mit hoher Qualität und in riesigen Mengen. Das wurde jahrelang unterschätzt.

Ist das ein Problem für die Forschung?

Ja, das hemmt. Ohne Industrie fliesst viel weniger Geld in die Forschung, und es gibt weniger Möglichkeiten, neue Ansätze und Ideen schnell in industriellem Massstab zu testen.

Und wohin geht die Entwicklung in den nächsten Jahren?

In drei Richtungen: leistungsfähiger, nachhaltiger und besser rezyklierbar.

In Kappel (SO) baut Primeo Energie gegenwärtig eine Anlage mit einem Speichervermögen von 80 Megawattstunden. Das ist im Vergleich zu den bisher in der Schweiz gebauten Anlagen sehr gross. Die neue Batterie soll helfen, die schwankenden Einspeisungen von Solaranlagen auszugleichen und das Netz stabil zu halten. Um Grossbatterien zu vermarkten, hat Primeo Energie die Primeo Battery AG gegründet. Mehr Informationen.