Das kooperative Strategiespiel «e-Mission» bringt die Klimakrise auf den Tisch – fordernd, realistisch und mit viel Lernpotenzial.

Text: Celeste Blanc
Fotos: Christoph Schiess

Nach Feierabend noch kurz die Welt retten? Auf jeden Fall! Als meine Arbeitskollegen und ich vor Kurzem gemeinsam «Siedler von Catan – Energien» gespielt haben, wurde schnell klar: Spiele, die sich mit Klimafragen beschäftigen, haben ihren ganz eigenen Reiz.

Das gemeinsame Taktieren und Mitdenken hat uns gepackt – und die Begeisterung war geweckt. Deshalb steht an diesem Abend «e-Mission» von Matt Leacock und Matteo Menapace auf dem Plan. Die Mission: Gemeinsam schnellstmöglich den globalen CO2-Ausstoss senken. Das klingt zwar einfach, doch eines lässt sich vorab sagen: Das ist es keineswegs. Und genau darin zeigt sich bereits die erste wichtige Parallele zur realen Welt.

Kooperation ist gefragt: Bei «e-Mission» zeigt sich schnell, wie wertvoll der stetige Austausch und die Zusammenarbeit sind.  

Einmal in der Rolle einer Grossmacht

Beim kooperativen Brettspiel «e-Mission» ist der Name Programm: Ich und meine drei Mitspielenden treten geschlossen gegen den Klimawandel an. Dafür übernehmen wir jeweils die Rolle einer Weltmacht: Als Europa, USA, China oder Globaler Süden kämpfen wir Seite an Seite dafür, die globalen CO2-Emissionen so weit zu senken, dass sie dank der natürlichen Prozesse mittels Wälder und Ozeane vollständig gebunden werden. Wir verteilen die Rollen, und ich entscheide mich für den Globalen Süden.

Zentral für den gesamten Spielverlauf sind die Energie-Tableaus, die vor uns liegen. Jede unserer vier Regionen erhält ein individualisiertes Tableau, das den jeweiligen ökologischen Fussabdruck unserer Region festhält. Es zeigt an, wie viel grüne oder fossile Energie produziert wird und in welchen Bereichen (Verkehr, Industrie, Viehzucht, Müll, Siedlungsgebiete) Emissionen anfallen.

Ein Spiel mit realen Bezügen

Bereits zu Beginn merken wir schnell: Die Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg. Jede Region startet mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Während die beiden westlichen Länder Europa und USA mehr erneuerbare Energie produzieren und mehr Ressourcen für klimafreundliche Veränderungen haben, weisen China und der Globale Süden wegen der vielen fossilen Energie und der emissionsstarken Industrie eine vergleichsweise äusserst schlechte Bilanz auf. Ich und mein Kollege, der China vertritt, sind stark auf die Unterstützung der westlichen Grossmächte angewiesen, um eine Veränderung in unserem Verhalten und unserem Energiebedarf zu erreichen – der zweite gelungene Bezug zur Realität.

«e-Mission» zeichnet sich durch seine Liebe zum Detail aus. Der komplexe Aufbau und der anspruchsvolle Spielmechanismus sind anfangs herausfordernd. 

Gemeinsam den Wendepunkt erreichen

Das Spiel verläuft über sechs Runden, die jeweils in fünf Phasen unterteilt sind und einer klaren Dramaturgie folgen. Zu Beginn ziehen wir Krisenkarten und bestimmen beim Klimagipfel, welche globalen Projekte wir zusammen angehen wollen. In der anschliessenden Projektphase versuchen wir, gemeinsamen den Wendepunkt zu erreichen – also jenen Moment, in dem der weltweite CO2-Ausstoss so weit gesenkt ist, dass er vollständig durch natürliche Prozesse gebunden werden kann.

Der zentrale Spielmechanismus ist das sogenannte Engine-Building: Durch das geschickte Auslegen und Kombinieren von Karten reduzieren wir unsere Emissionen, stabilisieren Krisen und bauen gemeinsam positive Effekte für uns selbst, aber auch für die Mitspielenden. Diese Planung erfolgt im Austausch. Koordinieren wir gut und nutzen die Synergien, profitieren wir alle davon.

Zum Schluss folgt die Abrechnung: Die gezogenen Krisen treten ein, globale Projekte entfalten ihre Wirkung – und es wird bilanziert, wie gut wir als Gruppe agiert haben. Fällt das Ergebnis negativ aus, steigt die globale Temperatur, was spürbare Konsequenzen mit sich bringt. Gesellschaft, Natur und Infrastruktur auf unseren Energie-Tableaus werden geschwächt, was unsere Regionen in zunehmenden Notstand versetzt. Diese Schwächung bringt Nachteile in der nächsten Runde.

Die Projektkarten sind das Herzstück von «e-Mission». Wer sie clever kombiniert, bringt das Klima wieder ins Gleichgewicht.

Komplex, aber lohnenswert

Der Einstieg in «e-Mission» hat es in sich. Auf den ersten Blick wirkt das Spiel überwältigend: Nicht nur nimmt der Aufbau mit all seinen Einzelteilchen Zeit in Anspruch, auch ist während des Spiels Geduld gefragt – denn die zahlreichen Details in den Phasen und den Karteneffekten erschliessen sich nicht auf Anhieb.

Beim ersten Durchgang brauchen wir Zeit, um in den strategischen Spielfluss zu finden. Erst ab der dritten Runde fühlen wir uns langsam sicherer, verstehen die Zusammenhänge besser und treffen Entscheidungen mit Weitsicht. Wer bereits Strategiespiele kennt, hat sicher einen Vorteil.

Der erste Versuch, das Spiel zu gewinnen, schlägt fehl. Wir können uns nicht vorstellen, wie ein Spiel mit diesem Schwierigkeitsgrad zu gewinnen ist. Erst mit weiteren Anläufen wird es uns gelingen, die Klimakrise tatsächlich abzuwenden und damit das Spiel zu gewinnen.

Verantwortung teilen

An «e-Mission» gefällt mir besonders der kooperative Aspekt. In der Projektphase wird diskutiert, unterstützt und gemeinsam geplant. Das Spiel fördert Teamarbeit und verlangt gemeinsames Denken, nicht jeder für sich, sondern alle für das grosse Ganze.

Auch die realitätsnahe Darstellung überzeugt: Das Gefälle zwischen westlichen Nationen und den schwachen Weltregionen widerspiegelt eines der grossen Probleme im Kampf gegen den Klimawandel – und das, ohne belehrend zu wirken.

Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, vermittelt das Spiel die Botschaft, dass sich nur gemeinsam etwas verändern lässt. Genau das macht für mich den Reiz an «e-Mission» aus: Es unterhält, hinterlässt aber gleichzeitig ein Bewusstsein dafür, wie komplex die Klimafrage ist.

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